Vereinsgeschichte
Die Anfangszeit
Lange bevor der Musikverein "Alpenblick" Schweikhof im Jahre 1921 ins Leben gerufen wurde, gab es in den Ortsteilen, aus denen heute die Musikanten des Musikvereins Willaringen kommen, musikbegeisterte Männer, die seit 1860 im damaligen "Musikverein des Kirchspiels Rickenbach" musizierten. Namentlich bekannt sind uns aus Willaringen und Jungholz als Gründungsmitglieder jenes Kirchspiel-Vereins Anton Albiez, Josef Albiez und Peter Albiez, sowie Albert Bächle.Just mit dem formellen Erlöschen der Kirchspiel-Kapelle wurde am 1. Juli 1921 unser Musikverein "Alpenblick" offiziell von folgenden Musikern gegründet: Josef Eschbach, Johann Fischer, Albert Gerspach, Gustav Gerspach, Martin Gerspach, Stefan Hahner(Dirigent und Vorstand), Wilhelm Hahner, Karl Kramer, Josef Lütte sen., Martin Lütte, Emil Rüde, Johann Schneider, Emil Sutter, Joseph Thoma,und Stefan Werner. Sie fanden sich nach den wirren Ereignissen des 1. Weltkrieges bei Stefan Hahner in Schweikhof ein, um beim Musizieren die Kriegserlebnisse zu vergessen. Der Stefan verstand es, den Spielern der arg veralteten Instrumente den Einsatz zu geben.
Um neue Instrumente zu kaufen, nahm man einen Bankkredit auf, für den zwei Kameraden mit Haus und Hof bürgen mußten. Aber die Hotzenwälder ließen ihre Musiker nicht im Stich. Nach einer Haussammlung konnten die Bankschulden wieder zurückgezahlt werden.
Nicht bei allen Musikern hielt die erste Begeisterung an. Mancher drückte sich vor den Proben. Deshalb wurden in der Generalversammlung von 1923 drastische Maßnahmen beschlossen: Für unentschuldigtes Fernbleiben vom Probenbesuch mußten 300 Mark bezahlt werden. Zuspätkommende büßten nach 30 Minuten mit 50 Mark, nach einer Stunde mit 100 Mark. Wer aus dem Verein austreten wollte oder ausgeschlossen wurde, mußte 20.000 Mark berappen. Aber schon 1924 bewegten sich die Strafgelder und Beiträge (10 Pfennig monatlich) wieder im Rahmen. Die Inflation war überwunden. Und mit ihr viele Sorgen der blasenden Familienväter. Ihre Freude am Musizieren nahm ständig zu. Man gab Konzerte, bei welchen Alois Kramer seine Lungenkapazität am neuen Kaiserbaß beweisen konnte, der nach einer erfolgreichen Haussammlung angeschafft wurde.
Geselligkeit
Ab 1925 veranstalteten die Musiker jahrelang vor dem Gasthaus "Dreikönig" ein Eierlesen. Bei diesem kuriosen Osterspaß hatte das ganze Dorf seine Freude. Für den Stephanstag übten die Vereinsmitglieder Theaterstücke ein, die immer volle Säle und gute Einnahmen brachten. Wohlverdiente Belohnungen waren im Sommer dann die Tagesausflüge in die weitere Umgebung auf schlecht gefederten Lastwagen zum Schluchsee oder zur Insel Mainau.Der Verein spielte am 26. Juni 1927 bei der Glockenweihe in der Rickenbacher Kirche.
Mit Musik führte er die Fasnachtsumzüge an. Anschließend wurde kräftig gefeiert. So berichtet die Chronik vom Rosenmontagsumzug im Jahre 1928, nach dem 7 Mitglieder als "Bettelmusikanten" derart versumpften, daß die restlichen Kameraden Mühe hatten, als vollwertige bestellte Tanzkapelle die Ehre des Vereins aufrecht zu erhalten.
Todes- und Unglücksfälle treuer Musikkameraden
Nach dem Tode des Andreas Matt im Jahre 1929 gab es für den Verein eine angenehme Überraschung: das treue Passiv-Mitglied hinterließ testamentarisch eine größere Summe. Am 11. Dezember 1932 begruben die Musikkameraden ihren 1. Vorsitzenden Karl Kramer und Kassierer Emil Sutter, die auf glatter Straße in der Schweiz mit dem Motorrad verunglückt waren. Auf gleiche Weise starb Ernst Ücker im Jahre 1956; der frühere Dirigent Karl Lang verschied nach kurzer, schwerer Krankheit 1964. Als man dem 96-jährigen Johann Maier in Öflingen den letzten Gruß blies, gedachte man seiner Dirigententätigkeit von 1928-1934.1936 war Ernst Lauber musikalischer Leiter, bis zu seinem Kriegseinsatz, vom dem er nicht mehr zurückkehrte.
Am 20. November 1970 mußten die Willaringer von ihrem Aktivmitglied Theo Egle Abschied nehmen, der für seine Hilfeleistung bei einer festgefahrenen Zugmaschine mit dem Leben zahlen mußte. Im November 1977 begleitete man Oskar Zimmermann auf seinem letzten Weg, der durch einen tragischen Unglücksfall ums Leben kam. Das letzte Gründungsmitglied, Johann Fischer, verstarb im Mai 1980.
Neubeginn
Das Geld war besonders nach der Wiedergründung des Vereins 1948 sehr knapp. Die aktiven Mitglieder mußten sich anstrengen, um mit den notwendigsten Ausgaben fertig werden. Dirigenten waren Karl Lang und (aushilfsweise) H. Raquo aus Obersäckingen. Sie konnten mit 15 Musikern proben: Josef Albiez (1. Vorsitzender), Karl Bachmann (Schriftführer), Wilhelm Lang (Kassierer), Josef Lütte, Edwin Gerspach, Albert Bächle, Franz Josef Gerspach, Albert Gerspach, Stefan Werner, Karl Eschbach, Theodor Thoma, Alfred Schneider, Hermann Hottinger, Franz Albiez und Emil Lang.1935 wurde in der Gemeinde Willaringen die Stabhalterei abgeschafft. Der Bürgermeister hatte also in den einzelnen Ortsteilen keinen Stabhalter mehr, sondern er verwaltete sein Amt zentral für alle. Zunehmend wurde jetzt nicht mehr vom Musikverein Schweikhof, sondern von der "Gemeindekapelle Willaringen" gesprochen.
1948 als "Musikverein Schweikhof" wiedergegründet, paßte man 1950 den Vereinsnamen endgültig dem der Gemeinde an. Von nun an hieß er Musikverein "Alpenblick" Willaringen.
Vor dem 30. Vereinsgeburtstag, der nachträglich am 15./16. August 1953 begangen wurde, hatte man nach einer Haussammlung so viel Geld beisammen, daß endlich Uniformen gekauft werden konnten.
Mit Musik voran
Am 31. Mai 1959 beteiligte sich der Verein an einer Marschmusikbewertung in Harpolingen. Durch intensives Proben unter seinem Dirigenten Theodor Thoma errang er die Note "vorzüglich". Beim Wertungsspiel in Murg erreichten die Aktiven 1960 ein "gut bis sehr gut".Zur Einweihung der neuen Schule im Jahre 1962 konnten die Musiker ihren Verein wieder in neuen Uniformen vertreten. Auch die Einweihung der Teilwasserversorgungsanlage Jungholz (1965) und das Richtfest des Nordschachtes am Eggberg-Staubecken (1966) wurden musikalisch umrahmt. 1970 erfolgte die Teilnahme am Verbandsmusikfest in Tiengen, wobei der Verein das Kritikspiel mitgestaltete. Im selben Jahr gab es neue Instrumente dank eines Gemeindezuschusses.
"Neumodische Zeiten" wurden bereits 1966 mit der ersten weiblichen Blasmusikerin, Monika Thoma (verh. Arzner) eingeläutet, denn es war in allen Vereinen üblich, daß nur die männliche Dorfbevölkerung zur Ausbildung herangezogen wurde. Doch nach und nach setzten sich die Frauen als vollwertige Mitglieder durch und gaben der Vereinsarbeit neue musikalische, organisatorische und gesellschaftliche Impulse.
Das 50-jährige Jubiläum wurde im Jahre 1971 drei Tage lang gefeiert. Als Patenverein wurde damals der Musikverein Brombach gewonnen, der an zwei Tagen das Programm mitgestaltete. Sporadisch besuchen sich die Vereine noch heute, denn persönliche Bindungen entstanden durch zwei Hochzeiten: die Festdame Irmtraut Gerspach heiratete den späteren (und heutigen) Vorstand des Wiesentalvereins und der Dirigent der Brombacher Jugendkapelle und spätere musikalische Leiter des Musikverein "Alpenblick", Josef Klein, fand auf dem Hotzenwald die Wieladinger Klarinettistin Gisela Preiser.
Zeit des Umbruchs
Mit positiven Entwicklungen im Verein und um den Verein herum begannen die 70-er Jahre. Mit der Einweihung des neuen Gemeindesaals im Jahre 1972 fanden die Darbietungen der Willaringer vor einem breiten Publikum Resonanz. Dieser Hallenbau, eine letzte große Leistung der Gemeinde Willaringen, die 1973 nach Rickenbach eingemeindet wurde, erwies sich als Segen für die Streusiedlung Willaringen. Große kulturelle Veranstaltungen der Gemeinde Rickenbach finden bis heute im Willaringer Gemeindesaal statt, der 17 Jahre später einen wertvollen Bühnenanbau erhielt.1973 übernahm Josef Klein den Taktstock von Theodor Thoma, der für seine Verdienste - er dirigierte den Verein immerhin 19 Jahre lang - zum Ehrendirigenten ernannt wurde. In musikalischer Hinsicht wuchs der aktive Klangkörper nun ständig an Qualität und Quantität. Waren es 1971 noch 25 Musiker, darunter Ingrid Thoma, die zweite musizierende Tochter des Ehrendirigenten, so wuchs die Anzahl der Musikanten auf 47 im Jahre 1981 und hattte beim 70-jährigen Jubiläum (1991) seinen bisherigen Höchststand von 82 Instrumentalisten erreicht. Hinter diesen nüchternen Zahlen verbirgt sich eine enorme Aufbauarbeit und Tatkraft des heutigen Dirigenten Josef Klein, der in den Vereinsführungen um die langjährigen Vorstände Johann Werner und Wilhelm Hottinger stets gute Unterstützung fand, um seine musikalischen Ideen durchzusetzen. Zum festen Programm des umtriebigen Musikverein "Alpenblick" Willaringen gehörten und gehören die beliebten Weihnachtskonzerte mit Theater, kleinere Konzerte in eigener Regie und bei Gastvereinen zwischen Freiburg, Plombières les Bains und Koblenz (Schweiz) sowie Fastnachtsveranstaltungen. Seit 1996 wird das Weihnachtskonzert musikalisch von der Jugendkapelle gestaltet, da der Musikverein seit seinem Konzert zum 75-jährigen Jubiläum jährlich ein eigenes Jahreskonzert abhält. Nachdem die Zugkraft der Heimatabende in den 80-er Jahren allgemein nachließ, veranstaltete man zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr Willaringen das Dorffest, das zu einem neuen Besuchermagnet wurde. Weitere einzelne Höhepunkte des Musiklebens waren ein Komponistenkonzert (1976) mit Künstlern aus ganz Baden, die Veröffentlichung einer Schallplatte und zweier Kassetten (1976-1981), sowie der Tag der Jugend (1988), bei dem die musizierende Jungend der Gesamtgemeinde ihr Hobby darbieten konnte. 1981 wurde mit einem 4-Tage-Fest das 60-jährige Vereinsjubiläum begangen.
Auch von offizieller Seite wurde der musikalische Aufwärtstrend bestätigt: Nahm man beim Verbandsmusikfest 1974 noch am Platzkonzert teil, so durften die Willaringer 1979 aus Wehr das Prädikat "Mittelstufe 1. Rang" mit nach Hause nehmen. Daß man das hohe Niveau über ein Jahrzehnt halten und ausbauen konnte, wurde im April 1989 in Waldshut bei einem weiteren Wertungsspiel bestätigt, bei dem die Willaringer einen "1. Rang mit Belobigung" in der Mittelstufe zuerkannt bekamen.
Bei einem so anstrengenden musikalischen Programm darf die Geselligkeit nicht zu kurz kommen: unvergeßlich bleibt der Vereinsausflug 1977 nach Offnadingen mit der Besichtigung der Winzergenossenschaft Kirchhofen. Ebenso wurden Rust, Riquewihr und der Bieler See besucht. Absoluter Höhepunkt der Geselligkeit waren die Kontakte zur Rickenbacher Partnergemeinde Plombières les Bains, wo man 1980 die Verschwisterungsfeier mitgestaltete, diese 1990 in Willaringen erneuerte und im gleichen Jahr ein vielbeachtetes Konzert im dortigen Casino gab. In den 80-er Jahren wurden Vereinsausflüge in die Schweiz (3), ins Elsaß und ins Saarland, sowie in den Schwarzwald durchgeführt.
Ausblick
Nicht nur unser Jahrhundert, sondern auch unser Jahrtausend neigt sich dem Ende zu. Drastische Umbrüche in der Gesellschaft und in der Welt der Technik haben der Arbeit und der Bedeutung der Blaskapellen schwierige Aufgaben zugewiesen: im Bereich der Sozialisation kommen den Vereinen künftig gewichtigere Aufgaben zu, in einer Welt, die sich vom gemeinschaftlichen Tun wegentwickelt zum Individualismus und damit zu einer Vereinsamung der Seele. Die für die Blasmusik Verantwortlichen können nur hoffen, daß die seit Jahrzehnten zu verzeichnende Aufwärtsentwicklung in der Jugendarbeit weiter anhält. Der Musikverein "Alpenblick" Willaringen geht wohlvorbereitet diese Aufgabe an und wird das in seinen Kräften Stehende dazu beitragen, allen Menschen, die zum Spiel und zum Hören bereit sind, durch seine musikalischen und gesellschaftlichen Aktivitäten Freude zu bereiten.Verfasser: Josef Klein, 1991